Jola

Liebes Tierheim Süderstraße,

Ende Juni durfte ich in der Süderstraße Viola kennenlernen. Sie war zehn Tage zuvor aus Rumänien dort angekommen, zerzaust und entkräftet. In dem Bericht aus dem Hundelager Bucov steht unter ihrem Bild „Viola würde hier wohl nicht mehr lange durchhalten.“ Jetzt muss sie nicht mehr durchhalten. Ich habe, als ich sie kennenlernte, nicht wirklich einen Hund gesucht – schon eher gefunden. Es sollte wohl irgendwie so sein.

Von der Hundevermittlung hatte ich die Auflage bekommen, die Hündin vier Wochen lang möglichst oft auszuführen, da sie eine sehr unsichere Hündin war. Außerdem gaben Sie mir die Zeit alle Vertrauten zu befragen, wie sie meine Entscheidung fänden, und zentrale Vorbereitungen zu treffen. Im Universum des HTV wurde mir schnell klar: Viola hatte zahlreiche Menschen mit ihrer sanftmütigen Art für sich gewinnen können und ich freute mich, so viel ehrenamtliches und hauptamtliches Engagement mit Herzblut kennenlernen zu dürfen; danke dafür!

Endlich dann, Ende Juli, holte ich Viola mit einer Freundin zusammen ab. Sie kam mit mir mit, als Jola, ihrer neuen Identität, die ihre Geschichte aufgreifen und etwas Weiches hinzufügen sollte: Das „J“ steht für den Juni, in dem wir uns kennenlernten. In Jolas neuem Leben warteten dann zahlreiche Zumutungen: Treppen, geschlossene Räume, Kopf-Anhau-Gefahren ihres Lieblingsplatzes unter dem kleinen Küchentisch, zudem aus ihrer Sicht bedauerlich-begrenzte Essens-Vergaben, Betüdelungen und eine Katze, die empört feststellte, dass Jola auf ihre Drohgebärden so gar nicht reagierte, sondern sie gelassen hinnahm, was dazu führte, dass sie sich Jola nach zwei Wochen bis auf Schnauzenlänge neugierig näherte.

Schnell konnte auch in Altona eine Art Fanclub seine Mitglieder formieren. Etwa 27 Mal täglich begegne ich nun in dieser Reihenfolge den Aussagen „Och, bist Du süß!“, „Diese Ohren!“, „Die ist noch jung, oder?“, „Was für eine Rasse ist das denn?“, „Ah, da freue ich mich aber; Dich werde ich jetzt ja öfter sehen“. Auch eine der harten Lektionen des Hundehalterinnen-Daseins, dass man nur noch als „das Frauchen von Jola“ wahrgenommen wird und die Blicke eher zum Fußbereich wandern als zu der eigenen beachtlichen Erscheinung.

Jola ist nun acht Wochen bei mir und es fühlt sich schon viel länger an. Sie kommt mir verjüngt vor und so viel lebendiger – wenngleich sie ihre Tage lieber mit Essen, Chillen und Gekraule, als mit allzu langen Spaziergängen oder wilden Hunde-Rumtobereien verbringt. Alle Übungen und Trainings, die mir die Hundeschule so zeigt, weiß sie geschickt und gekonnt zu präsentieren.

Jetzt hat sie ein Zuhause und ist sicher und willkommen. Und mit ihr habe auch ich ein Stück mehr Zuhause gewonnen. Ich danke allen, die Viola Geleit, Schutz und ihre herzliche Fürsorge gewährt haben, damit dies möglich ist!

Beste Grüße
das Frauchen von Jola

Dieser Hund wurde mit Unterstützung vonaus Rumänien nach Deutschland geholt, um den Tötungen dort zu entgehen und ein behütetes Leben in Sicherheit führen zu können.